Allüberall auf den Tannenspitzen in anderen Blogs ist es schon zu lesen: Es ist Zeit, Signal zu installieren und zu nutzen (hier und hier, und hier ja im Grunde auch, wenn auch leicht verzwofelt). Und wenn wir lesen, dass der BND (das ist der Geheimdienst, der sich Wasserhähne aus dem neuen Bürogebäude klauen lässt, har, har!) jetzt erkannt hat, dass die meisten Messenger-Apps inzwischen verschlüsselte Kommunikation zulassen, und mit Millionenaufwand dagegen vorgehen will, und wenn auf der anderen Seite des Atlantischen Ozeans sowohl der aktuelle wie der künftige Präsident verschlüsselte Kommunikation, sagen wir: nicht so mögen, dann ist es doppelt und dreifach Zeit, sich einen sicheren Messenger (manche sagen: den sichersten von allen) zuzulegen – für verschlüsselte Textnachrichten, Telefonate, Anhänge. Damit er da ist, wenn man ihn braucht (also: jetzt, denn: warum nicht?).
Und während Sie sich jetzt (jetzt!) Signal aus dem jeweiligen App Store bzw. Play Store auf Ihre Funkquatsche ziehen (es kostet auch nix und tut nicht weh), ein kurzer Rückblick: Vor ziemlich genau zwanzig Jahren und zwei Wochen erschien ICQ, vielleicht nicht der erste Messenger, aber der erste, der durch einfache Installation und dito Bedienung ein weites Publikum erreichte. ICQ war unter Sicherheitsaspekten ein Albtraum, aber hey, es waren die 90er Jahre, und alles war bunt und schön. Naja, zumindest bunt.
Fast forward in die jüngere Vergangenheit. Plötzlich nutzten alle WhatsApp – die Jungen, weil es hip war (oder wie man das nennt), die Älteren, weil wir nur so noch unsere Nachkommen überhaupt erreichen konnten. WhatsApp war weit verbreitet – und unter Sicherheitsaspekten ein ähnlicher Albtraum wie seinerzeit ICQ: Die Nachrichten wurden unverschlüsselt übertragen und zwischengespeichert, zwischenzeitlich wollte WhatsApp die Nutzerdaten zur Werbevermarktung weitergeben, und es war zeitweise sehr einfach, einen fremden Account zu übernehmen. Trotzdem: WhatsApp war der Messenger of choice, und wer Messenger nutzen wollte (ich weiß, es gibt immer noch Menschen, die SMSen verschicken), kam nicht daran vorbei.
Und so scheint es heute noch zu sein. Die Menschen auf meiner Kontaktliste erreiche ich via Mail, SMS, Telefon (logisch) – und eben via WhatsApp, speziell seitdem WhatsApp – was lobenswert ist – alle Nachrichten, Anhänge und Telefonate end-to-end verschlüsselt, ohne dass der Nutzer etwas tun muss.
Die Sache ist aber die: Die Menschen auf meiner Kontaktliste erreichen mich nicht mehr via WhatsApp – weil ich es und seinen ungezogenen Bruder, den Facebook Messenger, vom Telefon geworfen habe. Weil beide zwar verschlüsseln (der FB-Messenger nur auf Anforderung, die jedes Mal neu gestellt werden muss) und dabei auch die Technik benutzen, die für Signal vom anerkannten Krypto-Meister Moxie Marlinspike (kein Artikel in der deutschen Wikipedia) entwickelt wurde, weil aber beide sich nicht in die Karten gucken lassen, ob die Verschlüsselung wirklich lückenlos umgesetzt ist.
Das Problem, wie von Volker Weber schon beschrieben: Alle nutzen WhatsApp, iMessage (auch verschlüsselt, aber Apple-eigen), SMS, und niemand nutzt Signal – weshalb die Kontaktliste in Signal zunächst beängstigend leer bleibt. Das muss aber nicht so bleiben: je mehr Menschen in einem Handy-Adressbuch Signal nutzen, desto leichter findet Signal diese Menschen, und desto voller wird die Kontaktliste.
Wir können es ja mal versuchen: Sie installieren Signal, schicken mir per (gerne verschlüsselter) Mail Ihre Telefonnummer (ein Name dazu wäre auch ganz nett), ich trage Sie in mein Adressbuch ein und schicke Ihnen meine Telefonnummer für Ihr Adressbuch zurück – und schon ist es nicht mehr so einsam in Signal.
Ich habe das im engen Bekanntenkreis übrigens schon ausprobiert. Nur einer weigert sich standhaft, WhatsApp zugunsten von Signal aufzugeben (und muss mir zur Strafe jetzt SMSen schicken), ein paar sind iPhone-Nutzer und finden iMessage so doll, dass ihnen nichts anderes ins Haus kommt, und der Rest hat sich von Signal überzeugen lassen.
Doch, das geht.
